Klaus Böttger

Ausstellung mit Grafiken von Klaus Böttger

vom 8. Mai bis zum 15. September

KLAUS BOETTGER

Am 25. November 1992 starb Klaus Böttger, der am 15. Juli 1992 gerade 50 Jahre alt geworden war. Er war zu Lebzeiten einer der renommiertesten und erfolgreichsten Radierer Westdeutschlands – viel mehr gibt es zu seiner Biografie kaum zu sagen. Geboren wurde er in Dresden, die Familie kam über Berlin und Aachen nach Wiesbaden, wo Böttger 1963 Abitur machte, im benachbarten Mainz studierte er bis 1969 Kunstgeschichte, Kunsterziehung, Philosophie und Biologie. Da radierte er schon lange, sein Werkverzeichnis beginnt mit Arbeiten aus dem Jahr 1964. Und das Radieren machte er direkt nach dem Studienabschluss auch zum Beruf.

Böttger, der sich in den ersten Jahren seiner künstlerischen Arbeit immer wieder mit Bildern aus dem Vietnamkrieg auseinandersetzte, suchte sich seinen bildnerischen Weg durch Agit Prop, Pop art und Phantastischen Realismus zu den für ihn typischen, feinst ausgearbeiteten Portraits, Körperbildern und Landschaften, die vor allem durch den Lichteinfall und die Komposition unschwer als „Böttgers“ zu erkennen sind. Neben Abbildungen kriegerischer Gewalt schreckte er auch vor beinahe porno-grafischen Darstellungen nicht zurück, die sich jedoch nach und nach in visuelle Lobpreisungen der Schönheit des menschlichen Körpers wandelten.

Klaus Böttger pflegte eine enge Beziehung zur Büchergilde, in deren Grafikedition zahlreiche Radierungen von ihm erschienen wie auch von ihm illustrierte Bücher. Der Schutzumschlag der Büchergilde-Ausgabe von Ecos Der Name der Rose, die manche von Ihnen im Regal stehen haben dürften, stammt von Böttger. In der Kellergalerie der Büchergilde Wiesbaden zeigte Böttger seine neuesten Arbeiten immer zuerst, und seit 1986 habe ich diese Galerie betrieben. So konnte ich noch sechs Jahre mit dem Künstler arbeiten.

Bei meinen ersten Besuchen bei ihm zu Hause staunte ich vor allem über die ethnologische Totenschädelsammlung, die Böttger zusammengetragen hatte. Er war auch wirtschaftlich unglaublich erfolgreich und seine Sammlung museal – nur dass sich Museen solche Stücke in der Regel nicht leisten konnten. Böttgers viertes und letztes Werkverzeichnis istet annähernd 500 (!) Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen auf, europa- und weltweit. Der so erfolgreiche Künstler war persönlich ausgesprochen zurückhaltend und bescheiden, bei unseren Vernissagen verschmolz er mit dem Publikum, kein Funke von Allüren oder Rampensau.

Böttger arbeitete oft in thematischen Zyklen, sein wohl bedeutendster ist „Weltsprache Musik“ mit den Portraits von 14 Komponisten. „Die Schwierigkeit bei der Bildfindung zum Beispiel von Mozart“, erklärte er mir, „ist, dass alle sein Konterfei von den Mozartkugeln her schon kennen – ich aber muss etwas Neues schaffen, ohne neue Vorlagen des Komponisten zur Verfügung zu haben.“ Heute kann man guten Gewissens sagen, dass sich dieser 1989 entstandene Zyklus als absolut zeitlos erwiesen hat und wohl mit das Beste ist, was an Portraitradierungen je geschaffen wurde. Es sind Bilder, die Musik spürbar werden lassen – oder die dunkle Einsamkeit der Tonlosigkeit, die das Portrait des fast tauben Beethoven notiert.
Wolfgang Grätz  (Frankfurter Grafikbrief)